– Best of: Trainingsprogramm ostmigrantisch engagiert 2023

Die Förderlandschaft birgt bürokratische Hürden und Regelungen, die für manche Initiativen finanzielle Förderungen unzugänglich machen. 

Mit dem Trainingsprogramm ostmigrantisch engagiert – fund your knowledge haben wir den ersten Schritt getan diesen Zugang zu schaffen und die notwendigen Werkzeuge an die Hand zu geben. Uns ging es darum, alle Kompetenzen, um einen Förderantrag zu stellen, an die Teilnehmenden weiterzugeben. Damit ihr euer Vorhaben und euer Team nachhaltig stärken könnt – ganz nach dem Motto “fund your knowledge, fund your team, fund your future”.

Solltet ihr das Trainingsprogramm ostmigrantisch engagiert 2023 verpasst haben, erfahrt ihr hier die Best of-Learnings aus dem Programm:

Begriffe und Codes, die ihr kennen solltet

Das Trainingsprogramm begann mit der Intro-Veranstaltung, in der Nicole Marcus von der Freiwilligen Agentur Halle erklärte, was der beste Ansatz ist, um mit der Recherche zu beginnen und das passende Programm zum eigenen Vorhaben zu finden. Anhand eines Rasters können die Teilnehmenden nun die Ergebnisse ihrer Recherche besser festhalten und haben alle Informationen immer auf einen Blick.

Wichtig waren außerdem die Begriffsklärungen zu Drittmittel, unbare Leistungen, Eigenmittel und Finanzierungsplan, damit sich niemand im bürokratischen Irrgarten verläuft. Denn unterschiedliche Programme haben unterschiedliche Anforderungen. Daher ist es gut zu wissen, was sie eigentlich von dir verlangen.

Daher kurz zusammengefasst:

Drittmittel sind Gelder, die man neben der Hauptförderung bei anderen Stiftungen, Förderprogrammen für das gleiche Projekt beantragt. Diese sollte man im Antrag mit angeben, um zum einen aufzuzeigen, dass das Projekt unterstützenswert ist und um transparent zu machen, wie viele Gelder in dein Projekt fließen. Aber Achtung: Nicht alle Programme erlauben, dass man Drittmittel bezieht.

Eigenmittel sind Gelder, die ihr als Verein eingenommen habt. Diese können über Spenden oder Mitgliedsbeiträge eingenommen werden. Als gemeinnütziger Verein ist es wichtig, dass ihr das eingenommene Geld in neue Projekte steckt und nicht zu eurem persönlichen Vorteil nutzt. Außerdem zeigt es den Fördermittel-Institutionen an, dass ihr „auf eigenen Beinen“ steht.

Unbare Leistungen sind die Gelder, die dafür aufgewendet werden können, um ehrenamtliche Helfer*innen für ihre aufgebrachte Zeit zu entschädigen. Für diese Leistungen muss keine der Parteien eine Rechnung ausstellen. Wichtig ist, dass ihr in einem Vertrag die Daten der ehrenamtlich tätigen Person und des ausgezahlten Betrages festhaltet und eine Kopie in euren Unterlagen aufbewahrt.

Der Finanzierungsplan ist nicht der Finanzplan. Im Finanzierungsplan wird festgehalten, mit welchen Geldern (Eigenmittel, unbare Eigenmittel, Drittmittel etc.) das Projekt insgesamt finanziert wird.

Im Finanzplan hingegen haltet ihr fest, wofür ihr, wieviel der Gelder benötigt. Darunter fallen Personalkosten, Büromiete und Arbeitsmaterialien, aber auch Honorare und Reisekosten. Aber auch da solltet ihr bei eurer Recherche genau festhalten, was welches Programm wirklich finanziert.

Trainingswochenende in Leipzig im Rahmen des Trainingsprogramms ostmigrantisch engagiert I Foto Credit: Khalid Al Saadi

Weiteren Codes und der Sprache in den Förderanträgen widmete sich auch Richy Andicene in seinem Input. Die Teilnehmenden lernten außerdem, wie ein Antrag aufgebaut sein kann und dass es für Fördermittelgeber* auch von Bedeutung sein kann, wenn in den Anträgen die nachhaltige Wirkung des Projekts deutlich gemacht wird. Doch inwieweit kann ich die Wirkung meines Projekts vorhersagen?

Es geht dabei darum, die positive Wirkung deines Projekts vom geringsten zum höchsten Einfluss, den es auf die Teilnehmenden und die Gesellschaft haben kann, zu visualisieren. 

        Was wird sich anhand eures Projektes direkt verbessern: Ihr gebt zum Beispiel einen Nachhilfekurs für versetzungsgefährdete Kinder der Klassenstufe 6 eines Gymnasiums. Durch diesen Nachhilfekurs verbessert sich die Leistungen/ Noten der Kinder. 

        Die nachhaltige Wirkung wäre, dass diese Kinder die Klasse bestehen und ihre Noten langfristig halten/verbessern und motivierter dem Unterricht folgen können. Noch langfristiger gedacht ist die Wirkung, dass die Kinder einen (sehr) guten Schulabschluss erreichen und damit bessere Berufschancen erhalten, wodurch neue Fachkräfte ausgebildet werden.

Generell ist bei einem Antrag zu beachten, positive Ausdrücke und eine aktive Sprache zu verwenden. 

Don’t: Wir würden gerne etwas machen, damit es keinen Rassismus mehr gibt.

Do: Wir schaffen Räume, die es den Teilnehmenden aus der Community ermöglichen, sich gegenseitig zu bestärken und zu unterstützen. (in euren Anträgen müsstet ihr dazu dann noch etwas konkreter werden –> SMART-Ziele)

Bei euren Zielen solltet ihr in einem realistischen Rahmen bleiben. Also schaut darauf, was eure Kapazitäten sind und was wirklich umzusetzen ist. Das unterstützt eure Glaubwürdigkeit vor den Fördermittelgebern und bringt euch nicht dazu über eure Kapazitäten hinaus zu arbeiten. Eure Ziele sollten außerdem zu dem Geldbetrag passen, für den ihr euch bewerbt. 

Nach dem Trainingswochenende ist vor den Skill Talks. Skill Talks waren unsere Online-Talks mit Expert*innen, in denen die TN noch mehr zu Finanzplänen erfuhren und wir den Erfahrungsaustausch stärkten. Zu den Finanzplänen erzählte uns Anna Friedrich von der TGD (Türkische Gemeinde Deutschland) mehr. Was ist bei den Finanzplänen zu beachten? Vor allem, dass die Maßnahmen zum Finanzplan passen und vice versa.

Wenn ihr einen Tanzkurs geben möchtet, solltet ihr die Kosten aufstellen, die ihr dafür benötigt. Raumkosten, Honorarkosten, Getränke und Snacks, Fahrtkosten der Teilnehmenden und was noch alles dabei anfällt. So könnt ihr Schritt für Schritt von Maßnahme zu Maßnahme gehen und euch die jeweiligen Kostenpunkte notieren und sie am Ende addieren. Eine große Frage, die in Anna’s Skill Talk vermehrt aufkam, war die Frage zu den Personalkosten

Nicht alle Förderprogramme fördern Personalkosten und sie sind meistens der größte Kostenpunkt eines Finanzplans. Die Personalkosten müssen eurer Qualifizierung entsprechen und ihr müsst bei der  Kalkulation den Arbeitgeberanteil dazu berechnen, bevor ihr sie in den Finanzplan eintragt. Der Arbeitgeberanteil ist der Anteil (ca. 50%) der Sozialversicherungsbeiträge, die der Arbeitgeber zahlt.

Nach der Klärung all dieser Begrifflichkeiten und der Auseinandersetzung der Spezifika eines Antrags kommt meistens die Frage auf: „Müssen wir jetzt einen Verein gründen?“. Azim Semizoğlu vom Haus der Sozialen Vielfalt e.V. erklärte in seinem Vortrag zur Vereinsgründung die Schritte, die man gehen muss, um ein eingetragener Verein zu werden und ab wann man als gemeinnützig gilt. 

How to Vereinsgründung:

Schritt 1: Ihr benötigt mindestens 6 weitere Personen, die euer Projekt gut finden und euch unterstützen wollen. Dann habt ihr die Mindestanzahl an Gründungsmitgliedern beisammen. Der erste Schritt ist also noch recht easy und unbürokratisch.

Schritt 2: Ihr müsst eine Satzung schreiben. In der Satzung haltet ihr die Zwecke des Vereins fest. Wichtig ist dabei, dass die Zwecke zur Erfüllung der Gemeinnützigkeit passen. Außerdem sind die Formulierungen der gemeinnützigen Zwecke vorgegeben. Ihr müsst und dürft euch also nichts Eigenes ausdenken.

Diese Punkte müssen auf jeden Fall in der Satzung festgehalten sein:

Zweck, Name, Sitz des Vereins (Adresse) und die Aussage, dass der Verein eingetragen werden soll, wenn er e.V. werden soll.

Weitere wichtige Punkte, die ihr beim Schreiben der Satzung mit bedenken solltet, sind:

  • eine Regelung zu Eintritt und Austritt der Mitglieder
  • eine Regelung zur Höhe und Zahlung der Mitgliedsbeiträge
  • die Bildung des Vorstandes
  • Voraussetzung und die Form für die Einberufung der Mitgliederversammlung und die Beurkundung ihrer Beschlüsse

Schritt 3: Wenn die Satzung und die Gründungsmitglieder bereit sind, könnt ihr einen Termin für eure Gründungsversammlung ausmachen. In der Gründungsversammlung beschließt ihr die Satzung und die Personen, die ihr in den Vorstand des Vereins wählt. Diese Punkte haltet ihr vorab in der Tagesordnung des Protokolls fest. Im Protokoll haltet ihr während der Versammlung die Ergebnisse der Abstimmungen fest. Dafür ist es gut, wenn ihr am Anfang eine*n Versammlungsleiter*in und eine*n Protokollführer*in bestimmt.

Schritt 4: Macht euch rechtzeitig einen Notar*innen-Termin, um die Eintragung in das Vereinsregister zu veranlassen. Der*Die Notar*in braucht dafür eure Satzung und das Protokoll der Gründungsversammlung. Nach dem Notar*innen-Termin erhaltet ihr ein Schreiben, dass ihr in das Vereinsregister eingetragen wurdet. Herzlichen Glückwunsch, ihr habt euren eigenen e.V. gegründet und könnt loslegen! Oder noch nicht ganz?

Trainingswochenende im Rahmen des Trainingsprogramms ostmigrantisch engagiert. Workshop „Achtsamkeit im Ehrenamt“ I Foto Credit: Khalid Al Saadi

Um Fördermittel zu beantragen, fehlt euch jetzt nur noch der Freistellungsbescheid vom Finanzamt. Das Finanzamt prüft, ob die Zwecke eurer Satzung der Gemeinnützigkeit entsprechen. Sollte dem so sein, erhaltet ihr eine Steuerbefreiung von der Körperschaftssteuer (das ist die Einkommenssteuer des Vereins), Umsatzsteuer und Gewerbesteuer. Ob euer Verein weiterhin als gemeinnützig gilt, wird vom Finanzamt in regelmäßigen Abständen geprüft.

Solltet ihr weder die Kapazität, noch die Absicht haben, einen Verein zu gründen, gibt es auch die Möglichkeit, über eine Trägerschaft einen Förderantrag einzureichen.

Eine Trägerschaft ist eine Kooperation zwischen einem gemeinnützigen eingetragenen Verein und einer Initiative, die gern ein Projekt umsetzen möchte. Der Verein handelt als Antragssteller und erhält die Gelder der Förderung. Anschließend werden die Gelder an das Projekt weitergeleitet, so dass ihr eure Projektausgaben über die Projektgelder abrechnen lassen könnt. Ihr behaltet dabei die inhaltliche Kontrolle über das Projekt. Sollte die Zusammenarbeit gut funktionieren, kann daraus auch eine langfristige Kooperation entstehen, ohne dass der Arbeitsaufwand für Verwaltung und Buchhaltung allein bei euch in der Gruppe liegt.

Was neben dem Engagement wirklich zählt:

Neben so viel bürokratischem Talk, Papierkram und Vorfreude das Projekt endlich umzusetzen, ist eine essentielle Frage in der ehrenamtlichen Arbeit „Tust du auch genug für dich selbst?“. Achtsamkeit im Alltag zu integrieren ist für viele nicht einfach. Parwaneh Mirassan gab zum Trainingswochenende wichtige Tipps und Zugänge, um für sich Achtsamkeit zu üben. Es gab Übungen, um erst einmal in sich zu gehen und sich zu notieren, „Was erfüllt mich mit Liebe?“, „Was macht mir Freude und bringt mich zum Leuchten?“ und „Welche meiner Talente und Fähigkeiten setze ich am liebsten in die Tat um?“. Was dabei allgemein auffiel, war, dass die Frage bezüglich der eigenen Fähigkeiten und Talente, die am schwierigsten zu beantwortenden Fragen war. Außerdem wurde deutlich, dass man sich in seiner Arbeit und im Alltag viel zu selten die Zeit nimmt, um über sich selbst zu reflektieren und zu benennen, was es gerade braucht, damit es einem gut geht. Also vergesst nicht, euch bei all den Schritten eurer wichtigen (ehrenamtlichen) Arbeit auch Pausen zu nehmen. Nicht jeder Deadline muss hinterher gejagt werden und es ist okay, das eigene Tempo zu bestimmen.

Zum Abschluss des Trainingsprogramms gab es einen Skill Talk mit Esra Karakaya, bei dem sie ihre Erfahrungen mit uns geteilt hat, wie man beispielsweise ein gutes Zeit-Management beibehält. Wie wichtig es ist, etwas für das eigene Wohlbefinden zu tun und dass man eine Community nicht zwingend über instagram aufbauen sollte. Außerdem erzählte uns Esra, dass, wenn manche Sachen/ unverbindliche Aufgaben nur Frustration hervorrufen, man sie besser lassen und andere um Hilfe bitten sollte. Wir haben in diesem Skill Talk gesehen, wie viel Arbeit darin steckt, das zu tun, was man liebt, und dass man schnell an seine Grenzen kommen kann und es wichtig ist gegenseitig auf sich aufzupassen.

Also glaubt an euch und eure Ideen. Aber denkt daran, ihr müsst die Wege niemals alleine gehen.

Parwaneh Mirassan im Workshop „Achtsamkeit im Ehrenamt“ I Foto Credit: Khalid Al Saadi